„Fangen Sie sofort an“

Bistumsleitung tauschte sich mit Seelsorgern über die strategischen Ziele des Pastoralen Prozesses im Bistum Fulda aus

Künzell. Etwa fünf Dutzend Seelsorger – Priester, Diakone sowie Pastoral- bzw. Gemeindereferentinnen und -referenten hatten sich im Gemeindezentrum Künzell getroffen, um sich über den Pastoralen Prozess im Bistum Fulda auszutauschen. Das vierte Forum „Strategische Ziele“ war dem Diskurs über die Umsetzung der strategischen Ziele zur Ausrichtung der Seelsorge im Bistum Fulda bis zum Jahre 2030 gewidmet, der sich die Teilnehmer unter anderem mit einem Rollenspiel sowie mit einem Rundgang durch vier „Zimmer der Veränderungen“ annäherten.


Deutlich wurde, dass es künftig noch stärker auf die Laien und auf die ehrenamtlich tätigen in den Pfarreien ankommen wird, damit Kirche gelebt und wahrgenommen werden kann. Das stand bei der Diskussion zwischen den Bistumsvertretern Generalvikar Professor Dr. Gerhard Stanke, Seelsorgeamtsleiter Pfarrer Thomas Renze und Personalreferent Domkapitular Prälat Christof Steinert im Zentrum. Dabei wurde auch deutlich, dass jede Kirchengemeinde an jedem Punkt in den Prozess der Veränderungen eintreten könne. Dabei ermutigte Generalvikar Stanke die Seelsorgerinnen und Seelsorger, „in den Kirchengemeinden sofort mit der Arbeit am Pastoralen Prozess zu beginnen“.


Dass der Austausch der in der Seelsorge Mitverantwortlichen mit der Bistumsspitze essenziell in diesem für die Diözese wichtigen Prozess ist, machte Generalvikar Stanke deutlich. „Uns geht es darum, Ihnen zuzuhören“, unterstrich er. Dabei rückte er auch das Hauptanliegen aller Seelsorger in den Blickpunkt: „Wir haben in unserer Zeit eine menschenfreundliche Botschaft zu verkünden“, betonte er. Nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Kirche unterliege einem Veränderungsprozess, auf den sie reagieren müsse. Vor diesen Veränderungen dürfe man aber keine angst haben, sondern müsse sich diesen offen und auch mit Neugierde auf das Neue stellen, sagte er.


Stanke: Christliches Profil schärfen und sichtbar machen


„Veränderungen passieren, man kann sie nicht verhindern“, so der Generalvikar. Deswegen sei es wichtig, mit den Menschen in Kontakt zu kommen, um mit ihnen gemeinsam diese Veränderungen zu vollziehen. „Wir müssen antworten geben auf die Fragen der Menschen und dabei auch unser Profil als Christen schärfen und sichtbar machen. Das muss unser Anliegen sein“, forderte Stanke. Deswegen sei es der Bistumsleitung auch wichtig, die Meinung der Seelsorger an der Basis zu kennen.

 

Veränderungen bedeute auch Aufbrüche und neue Wege zu gehen. Generalvikar Stanke ermutigte seine Zuhörer, diese Aufbrüche der Gläubigen und Kirchengemeinden mit Zuversicht und Mut zu begleiten. Es würden sich dann möglicherweise auch viele Menschen ehrenamtlich engagieren, die sich unter Umständen zuvor noch nie in ihrer Kirchengemeinde aktiv eingebracht haben. sagte er. Es geschehe jetzt schon viel und es werde auch dann viel geschehen. „Darauf müssen wir aufmerksam werden“, so Stankes Appell.

 

Renze: Es gibt keine vorgeschriebene Umsetzungsgeschwindigkeit


Auf den seit dem Jahre 2002 durch Bischof Heinz Josef Algermissen angestoßenen Pastoralen Prozess im Bistum Fulda blickte Seelsorgeamtsleiter Pfarrer Thomas Renze zurück. Dieser Pastorale Prozess habe in seiner Wahrnehmung und Ausprägung im Jahre 2012 eine Zäsur erfahren, die ihm eine neue Qualität durch mehr Transparenz und somit insgesamt neuen Schwung gegeben habe, so sein Befund. anstelle der personellen und der finanziellen Gründe seien die geistlichen und pastoralen Gründe in den Fokus des Prozesses getreten.


Die Arbeit in den Projekt- und Teilprojektgruppen habe nun Fahrt aufgenommen. Alle Gruppen würden in ihrer Arbeit von der von Bischofssekretär Florian Böth geleiteten Arbeitsgruppe „Spiritueller Prozess“ begleitet. Renze stellte heraus, dass es „keine vorgeschriebene Geschwindigkeit“ bei der Umsetzung des Pastoralen Prozesse sin den Kirchengemeinden gebe.

 


Steinert: Vier Phasen des Weges der Erneuerung


Den Pastoralen Prozess als gemeinsamen Weg, der durch verschiedene Phasen emotionaler und rationaler Entwicklungen führt, machte Prälat Steinert mit seinem Gang durch die „Zimmer der Veränderungen“ sichtbar. Er begann im „Zimmer der Zufriedenheit“, in dem man sich in der aktuellen Situation häuslich eingerichtet hat und jeglichem Änderungsbedarf mit stoischem Festhalten am Bisherigen begegnet. von dort gelangt man in das „Zimmer der Verleugnung“, in dem man sich trotzig widersetzt und bei allem Unbehagen den alten Weg weitergehen will. Im „Zimmer der Konfusion und des Chaos“ kommt es aber dann dazu, dass das überkommene Verhalten und Handeln jegliche Tragkraft verliert und zusammenbricht, wobei der in seiner Not nach Halt und Hilfe Suchende noch keine Perspektive für den weiteren Weg greifen kann. Indes, trotz aller Verunsicherung und auch Ängsten ist das aber der Moment, indem die Bereitschaft zur Veränderung endlich Raum greift. Erst jetzt ist das Ziel erreichbar im „Zimmer der Erneuerung“: Selbstsicherheit und auch die Bereitschaft, neues zu wagen und zu gestalten, bestimmen hier die Gefühle und Gedanken. „Allerdings“, so betonte Prälat Steinert, „ist das Ziel in diesem vierten Zimmer nur erreichbar, wenn zuvor alle anderen drei Phasen durchlaugen wurden.“


Bei der von Gabriele Beck (Leiterin Stabsstelle Strategische Entwicklung) moderierten Fragerunde bewegte die Teilnehmer nicht nur Strukturfragen, sondern in welcher Weise der Prozess umgesetzt werden kann. Darauf Generalvikar Stanke: „Haben sie Mut zum Ausprobieren.“ Pfarrer Renze betonte, dass die Kirche vor Ort bleiben muss, aber auch das Pfarrerbild einer Revision unterzogen werden muss. Dabei machte er deutlich, dass Kirche sein sich aber nicht allein auf den Pfarrer reduziere, sondern alle in der Kirchengemeinde tätigen und lebenden Menschen beinhalte. Das werde auch bedeuten, dass es künftig noch mehr auf die Mitverantwortung und das Mitwirken der ehrenamtlich Tätigen ankommen werde.

 

Charismen in den Kirchengemeinden nutzen


Die Rolle des Bistums sei dabei weniger die einer Kontrollinstanz, sondern eines motivierenden Unterstützers, stellte Generalvikar Stanke heraus. Prälat Steinert ergänzte, dass es darum gehe, in allen Phasen des Prozesses miteinander ins Gespräch zu kommen, um auch erkennen zu können, wo unterstützt werden muss beziehungsweise werden kann. Dabei heiße es auch, die in der Gemeinde vorhandenen Charismen zu nutzen, zum Beispiel für Besuchsdienste und liturgische Dienste oder Helferaufgaben bei Festen und Aktionen. Auch die Frage, welche gottesdienstformen künftig gefeiert werden, wurde diskutiert. Dabei sagte Renze, dass es mehr Formen, nicht alleine die Heilige Messe gebe. Wort-Gottes-Feiern könnten auch von ausgebildeten Laien vorbereitet und geleitet werden.


Raum in der Diskussion nahm auch der Aspekt der so genannten „Kategorieseelsorge“ ein. Darunter versteht man beispielsweise Seelsorge in Einrichtungen wie Krankenhäuser, Seniorenheime oder Justizvollzugsanstalten. Abe auch die Seelsorgebereiche für Muttersprachler aus anderen Nationen. Hier stelle sich die Frage, wieweit diese Seelsorgebereiche in die Kirchengemeinden integriert sei oder werden kann. Generalvikar Stanke machte deutlich, dass man diesen Bereichen aber auch ihr Eigenleben lassen müsse. Zugleich könnten sich muttersprachliche Gruppen und Kirchengemeinden gegenseitig bereichern und befruchten, was das gemeinsame Leben von Kirche angehe, ist er überzeugt..


Rollenspiel an einer fiktiven Bushaltestelle


Schon zu Beginn des Forums stand ein Rollenspiel, bei dem an einer fiktiven Bushaltestelle Menschen und Heilige sich begegnen, um den Pastoralen Prozess im Bistum Fulda in den Blick zu nehmen. Ob nun eine Gemeindereferentin, die sich mit einem Priester über dieses Thema unterhält, oder aber die Bistumsheilgien Bonifatius und Elisabeth sowie die heilige Edith Stein. Die „Hauptamtlichen“ sorgen sich um die Strukturen und ihre Berufungen, die sie in ihre Berufe geführt haben und die sie durch die auf sie zukommenden Aufgaben immer mehr in den Hintergrund treten sehen. Die Heiligen dagegen stellten in den Mittelpunkt, dass es bei allem in erster Linie um die Menschen und die Verkündigung der Frohbotschaft gehe.


Günter Wolf

06.02.2018


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